ARBOS
Österreich-Kärnten




Warum wir gedenken

Geburtstage, Hochzeitstage, Jahrestage, ein „Runder“ im Berufsleben, im Unternehmen, Ehrenamt oder Verein: Jubiläen bewegen Menschen fast immer automatisch dazu, über ihr Leben, ihre Karriere, das Erreichte, Erlebte, Ertragene nachzudenken sowie Pläne und Ziele für die Zukunft festzulegen. Auch Gesellschaften, Staaten und Staatengemeinschaften machen das. In einigen geschieht es nach wie vor von oben gesteuert, Jubel oder Trauer erfolgen dort nach Regieanweisung. Gedenken soll aber von innen heraus passieren, von den Menschen bewusst mitgetragen werden, oder sie zumindest dazu einladen. Gedenken hat viel mit Identität zu tun – wie beim eingangs erwähnten Geburtstagskind, legen ebenso die Gesellschaft, der Staat damit für andere sichtbar dar, wie sie sich selbst verstehen, wohin sie sich entwickeln wollen. Und Gedenken hat vor allem auch mit Ehrlichkeit und Mut zu tun. Es gilt, insbesondere auch dunkle und schwierige Kapitel der Vergangenheit sachlich aufzuarbeiten.
In diesem Sinne danke ich namens des Landes Kärnten ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater mit Herbert Gantschacher, den vielen großartig mitwirkenden Personen und Institutionen für die Projekte im Rahmen von „2018: 100 Jahre Republik Österreich“ und „Österreich/Kärnten 1918 – 1938 – 2018“. Hier werden auf hohem künstlerischem und wissenschaftlichem Niveau auch Themen aufgegriffen, die bisher wenig beachtet oder manchmal sogar verdrängt wurden.
Vergangenes verschwindet nicht einfach, vieles wirkt bis in die Gegenwart und Zukunft nach. Es geht immer wieder auch darum, Aufklärung und Zeitzeugentätigkeit zu übernehmen, Ge- und Bedenkkultur gegen das Vergessen und gegen das Verdrängen zu pflegen. Und man muss immer wieder auf die Wichtigkeit der friedensbewahrenden Gemeinschaft der Europäischen Union verweisen, sich für Demokratie, Solidarität und Menschlichkeit stark machen. Ja, das ist schwer, sehr schwer sogar – vor allem weil im Gegensatz dazu Extremismus, Rassismus und Demagogie immer viel zu leicht und schnell einen Nährboden finden können. Ich denke hier auch an Veränderungen der Sprache, Verniedlichungen von Hetze und Menschenverachtung. „Wehret den Anfängen“, muss der Grundsatz lauten. Auch das ist eine Aufgabe bzw. Zielsetzung des Gedenkens.

Ihr Dr. Peter Kaiser,
Landeshauptmann von Kärnten

Peter Kaiser